Dienstag, 19. Oktober 2010

The Gras is Always Greener on the Other Side...

...except when you're in England.
 Nach dem Motto "grüner wird's nimmer" gaben wir gestern ordentlich Gas und katapultierten uns mit diesem Satz auf das Niveau von Possenreißern wie Taff, Bild und den RTL2-Nachrichten. Ebenso in die gleiche Liga, wie deren Konsumenten: Denn wer denkt, dass Cambridge nur aus Spießern besteht, die in dunklen Roben nach lateinischem Gebet mit zwölf verschiedenen Bestecken essen (und dabei den Finger abspreizen), hat zwar recht, vergisst aber, dass eben diese Menschen auch zu Orgien fähig sind, die jenen gleichen, wegen derer die Deutschen auf Mallorca so beliebt sind. Das englische Äquivalent (zumindest in Cambridge) scheint jedenfalls der Besuch eines indischen Restaurants zu sein, Mahal. Verzeihung: der verkleidete Besuch. Einen Vorgeschmack auf mein Outfit hatte ich ja schon gegeben. Das Motto war übrigens "Anything but Clothes". Das Oberbekleidungsmaterial meiner Wahl waren "Sainsbury's DIY Sacks - For Heavy Duty" und Heavy Duty indeed, wie das Vorher-Nachher-Photo belegt:
Und scheint es nicht schicksalhaft, dass die Tüten "Do It Yourself" im Namen tragen?
 Es war einer der besten Abende bisher! In vino veritas, denn nicht nur, dass er im Restaurant £5 pro Flasche kostete und man auch selber welchen mitbringen durfte, nein, auch das Trinkspiel "Safe the Queen" sorgte für eine Schwindel erregende Trinkgeschwindeligkeit. Immer wenn ein Penny (auf der Rückseite ist die Queen drauf) in einem Glas landete, musste es geext werden. War das Glas beim Münzeinwurf leer, musste man es bis oben hin füllen, bevor man es wieder austrank. Eine intelligente Nachfüllpolitik war daher der Schlüssel zur Sicherung des eigenen Überlebens. Zudem konnte jeder am Tisch (also 55 Ruderer und Innen) jederzeit aufstehen und eine "Gerneral Fine" aussprechen, welche jeden zum Trinken zwang, welcher den ausgesprochenen Bußgrund erfüllte. So standen die meisten auf und tranken, als eine General Fine für alle 1990 oder später Geborenen erhoben wurde; ich blieb einsam und verbraucht sitzen.
 Die Fülle an Trinkspielen und anderen Absurditäten war grenzenlos, daher führe ich nur noch ein Beispiel an, welches die britische Kreativität, doch auch Dekadenz illustrieren soll: Das Spiel trug den Namen "Zieh-schnell-einen-Schuh-aus-und-setz-ihn-dir-auf-den-Kopf,-sonst-musst-du-aus-selbigem-trinken!". Das war, wie ihr euch vorstellen könnt, meine Lieblingsdisziplin, da ich erst den DIY-Sack von meinem Fuß reißen musste, die Schnürsenkel hektisch auffieseln und dann unter dem Tisch hervorkriechend (wir saßen sehr eng, wie die folgenden Photos noch zeigen werden) den Schuh einer kostbaren Trophäe gleich auf dem Kopf präsentieren musste. Auf Deutsch kann man so schöne lange Sätze bilden... :) Bilder, là!


Wer zuletzt die Hände an der Wand (oder an der Decke) hat, muss trinken. Die Inder antworteten mit Besen.

Es gab so viel zu trinken, dennoch waren manche um jeden Tropfen verzweifelt bemüht.

"General Fine, if you'd rather be Oxford than St. Johns" (= reichstes College) Und dann beginnen zwei Tische der eigentlich gleichen Universität gegeneinander zu singen...im falschen Stolz macht selbst der Tor dem klugen Mann nichts vor.
Das Essen war lecker, es gab diese frittierte Vorspeise mit svariaten Chutneys und danach einen Hauptgang. Leider habe ich keine Ahnung von indischem Essen, daher bestellte ich "something vegetarian and not too hot, please". Seltsam, dass in dem Restaurant eines Landes, in dem nach meinem Wissen die meisten Vegetarier leben (waren es nicht sogar um die 40 Prozent?), fast nur Gerichte mit Fleisch gereicht werden? Chicken Tandoori hier, Lamb Vindalho da. Vermutlich ist das nur wieder eine verzerrte Auswahl für die europäischen Konsumenten...die Briten essen so viel Fleisch!

 Ich hatte zum Glück einen kompetenten Tischnachbarn, der mich mit seinem Wissen durch den Abend gebracht hat. Britische Trinkspiele und Regeln, Tips bei indischem Essen. Ich habe natürlich seinen Namen vergessen, obwohl ich ihn an diesem Abend nicht zum ersten Mal getroffen habe. Er studiert Mathematik und ist halb Sri Lankanese, geht Rudern, spielt Badminton und Ultimate Frisbee, die Schuhgröße seiner Mutter ist eine britische 8, aber der Name?
nice crotch. fits the mask.
Schließlich suchten wir noch die College-Bar heim 
Und ich fühlte betrunken mich wie drei Uhr morgens, 
Als ich um halb zwölf noch am selben Tag zu Bette ging.

2 Kommentare:

  1. so ein süffiger abend lol!
    und alle waren so lustig angezogen wie auf den bildern zu sehen waren? aber es hatte wohl kaum einer ein so stylo-kostüm wie du, speziell die pose auf dem bild oben ist einfach cool^^
    offensichtlich hattest du trotz deines immens hohen alters riesig spaß.
    JohnBär

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  2. Die meisten waren so cool angezogen, doch. Ja, die Cambridgianer nehmen das Verkleiden wirklich ernst! Und ich bin nicht wirklich aufgefallen, muss ich sagen :) naja, ein bisschen schon...

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