Mittwoch, 3. November 2010

Meta-Analyse eines Monats

Erasmus begann schon vor dem Abflug.
 Aus dem Loch ausziehen, in dem man drei Jahre gewohnt hat. Überrascht sein, wie schwer es einem fällt bei der Zimmerübergabe. Die großartige Hilfe von Jacqueline erfahren und versuchen, die Mikrowelle über Hunderttausend loszuwerden. Was nicht geklappt hat, da sie gestohlen wurde :) Zu Wilhelm umziehen und die letzten Vorbereitungen zum tausendsten Mal treffen. Nur zwei Stunden schlafen, in einen Traum aufwachen. Im Nieselregen mit einem Rucksack und zwei ungewogenen Koffern zur Bushaltestelle. Im strömenden Regen zum Flugzeug.

 Schließlich im Nebel aus dem Flugzeug. Auf britischen Boden. Im Sonnenschein in Cambridge ankommen. Ankommen! Aussteigen, das Empfangskomitee begrüßen, das aus einem christlichen Mädchen besteht, das Stadtkarten und Tipps verteilt. Smalltalk mit dem britischen Taxifahrer. Auf Englisch! Zur Porter's Lodge. Einziehen. Das Zimmer ist noch kleiner, als in Trier. Aber es ist meins und es ist in einem wunderschönen roten Backsteinbau! Auspacken. Überall achtzehnjährige Kinder mit Kisten schleppenden Eltern. Bewegung. Die Bar, so viele Namen, Fächer und Heimatstädte. Gown kaufen, Handykarte holen, umsehen. Die erste Party und gleich der erste internationale Punkt. Morgens alleine zum Zimmer zurückfinden. Glücklich einschlafen.
- Die ersten 24 Stunden.

 Katerfrühstück, Jo White kennenlernen, Bier mit der College-Familie zu Mittag, Stadtführung mit dem College-Dad, spinning some books, alleine auf Erkundsungstour. Dinner. Diverse Willkommensreden. Bei einer wird ein Kondom über eine erigierte Karotte gezogen; safety and welfare. Cam Pub Quiz. So müde...

 College-Account einrichten. Papierkram. Treffen mit der Tutorin. In Massenabfertigung beim Arzt registrieren. Stundenplan erstellen. Weitere Willkommensreden, aber keine weitere Karotten. Abends zum Matriculation Dinner in der Gown. Meinen Director of Studies kennenlernen. Haile kennenlernen, vier köstliche Gänge und Wein. So müde...

  Morgens Matrikulationsphoto in den Gowns. An Cambridges Ende stoßen und einzigartige Bilder schießen. Sports Day und Daniel  kennenlernen. Heim, Blog einrichten und so müde...

  Die erste Vorlesung und das PPS-Dinner bei Sarah. Gesellschaften, Gratisproben und Poster Sale. Kirchen und Blog, BBQ mit Lisanne und schon wieder so müde. Im ernst, um zehn ins Bett!

 Offizieller Uni-Start und Treffen mit dem Director of Studies. Englisches Bankkonto eröffnen, durch die Straßen streunen und Abends zur Kneipen-Tour - natürlich verkleidet. Diesmal wenigstens bis ein Uhr Party machen :)

  Um 300pm aufstehen und erstmal wieder klarkommen. Zum ersten Mal mit Mama telefonieren. Und schon ist es wieder Zeit für Party: der College-Bop in Schuluniform. Schlaf finden um halb vier.
- Die erste Woche.

 Ihr seht, wir zoomen kontinuierlich raus. Nur noch ein paar relativ ungeordnete Impressionen:
Punting auf der Cam, Skype mit Wille (das erste Mal gleich 4 Stunden), Kaufentscheidung zur Sony DSLT alpha 55, Ruder-BBQ und das erste Mal wieder auf dem Wasser, seitdem mehrmals die Woche Rudern im 8er, meistens um sieben Uhr morgens (-_-) aber der Sonnenaufgang auf der Cam...die Wanderung mit den Erasmus-Leuten zum Orchard, britisch Scones, Christine, der Angriff des hitzblütigen Bullen, der nächtliche Spaziergang mit Lisanne durch die Stadt, der Anchor, jeden Morgen Sonnenschein, Claudias Tee, Isas und Jacquelines Kalender, mit Christian Ruderklamotten im T.K. Maxx kaufen, True Blood Season 3 und Samurai Champloo, immer wieder dieser Blog, die Sony im John Lewis in den Händen halten, die monströse Universitätsbibliothek und die erste Stunde bis zum ersten gefundenen Buch, die Pracht der Kings College Chapel, die hitzigen Debatten in der Union, meistens mit Haile, Lisanne und Christian, die Debate-Workshops und sich Blamieren bei dem Versuch auf Englisch gegen Muttersprachler zu argumentieren, so oft einkaufen im gleichen Sainsbury's, so oft Äpfel, Birnen, Bagel, Muffins und Käse, später so oft Ramen, Gemüse und alle Biscuits dieser Welt, einmal irrtümlicher Weise auch Soft Cod Roes, die ganzen Erasmusunternehmungen: Eagle, Hausparty, London etc, ein nimmerendendes Halloween und das Mädel, das dem Penny erliegt, das Mahal und das Mallorca-Potential der Engländer, das Fez und der erste britische Punkt, das Bourdieu-Seminar, das mir definitv zu hoch war, ein blauer Schnurrbart, vier Menschen, die mich im Fez auf dem Weg zum Klo küssen, Marius Besuch, die ersten Supervisions, Fresher's Flu, die ganzen asiatischen Touristen, die mir immer vor der Corpus Clock im Weg stehen, während sie diese photographieren und rätseln (man muss aber auch zugeben, die Uhr ist ziemlich cool: nicht nur dass die Hemmung Chronophage heißt, sondern dass sie auch vom Erfinder des Wasserkochers stammt, dass sie mit 24 Karat Gold verkleidet ist und nur alle 5 Minuten korrekt geht, dass sie mehr als 1.000.000 Euro gekostet hat und komplett mechanisch ist, dass in den 5 Jahren Entwicklungszeit über 200 Leute an ihr mitgeschaffen haben und sie sechs neue Patent-Erfindungen hervorgebracht hat und so weiter und so fort...). Ach, enden wir einfach mit dieser Uhr, da sie mit ihrer Zeit fressenden Metapher so gut meine Unruhe beschreibt, die mich beschleicht, wenn ich daran denke, dass schon ein Monat vergangen ist. Doch kann ich nicht aufhören zu lächeln, wie ich hier schreibe, es wieder lese und nachfühle, was alles in dieser kurzen Zeit passiert ist. Danke.

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